Institut für sozialwissenschaftliche
Forschung, Bildung und Beratung e.V. (ISFBB)
 
 
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Die Holocaust-Überlebende Peggy Parnass starb im Alter von 97 Jahren in Hamburg – Ein liebenswerter Mensch ist tot


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Peggy Parnass bei der Einschulung
(Foto: Privatbesitz Peggy Parnass, Reproduktion Birgit Mair 2022)
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Peggy Parnass im November 2022 in Hamburg (Foto: Birgit Mair)

Peggy Parnass starb am Mittwoch, 12. März 2025 im Alter von 97 Jahren in Hamburg, der Stadt, in der sie 1927 geboren wurde. Ihre jüdischen Eltern wurden von den Nationalsozialisten in Treblinka ermordet. Peggy und ihr kleiner Bruder Gady gelangten mit Hilfe eines Kindertransports von Hamburg aus nach Schweden und überlebten so den Holocaust.

Ich lernte Peggy im Jahr 2022 kennen, als ich sie für mein Buch „Die letzten Zeuginnen und Zeugen – Meine Arbeit mit Holocaust-Überlebenden“ mehrfach interviewen durfte. Peggy ist einer der liebenswertesten Menschen, denen ich je begegnet bin. Sie empfing mich mit offenen Armen und gab mir von Anfang an das Gefühl, eine Freundin zu sein. Umso trauriger bin ich nun, dass dieser Mensch nicht mehr unter uns ist. Gleichwohl bleibt die Erinnerung an eine aufrechte Antifaschistin, eine Kämpferin für die Rechte von Homosexuellen und anderen Minderheiten. Über viele Jahre war sie auch als Zeitzeugin aktiv und hat ihre Erfahrungen mit jungen Menschen geteilt. Bekannt wurde sie als streitbare Journalistin und Buchautorin.

Was von Peggy bleibt, ist nicht nur die Erinnerung an diesen liebenden Menschen, sondern es sind auch ihre zahlreichen Bücher, die sie verfasst hat, die Filme, in denen sie mitgewirkt hat. Meinen Dank möchte ich allen Menschen aussprechen, die sich bis zum Schluss liebevoll um die im Herzen immer jung gebliebene Peggy gekümmert haben.

Birgit Mair, Autorin des Buches „Die letzten Zeuginnen und Zeugen – Meine Arbeit mit Holocaust-Überlebenden“

Der Filmmitschnitt unserer gemeinsamen Zeitzeugenveranstaltung im Mai 2023 im Kulturschloss Wandsbek in Hamburg kann auf unserem YouTube-Kanal angesehen werden: Link zum Film

Das Buch "Die letzten Zeuginnen und Zeugen - Meine Arbeit mit Holocaust-Überlebenden" mit der Biographie von Peggy Parnass kann zum Preis von 20 Euro zzgl. 6 Euro Porto hier bestellt werden: Buchbestellung

24. November 2024: "Bildungsarbeit gegen rechts ist leider notwendiger denn je“:Der Bildungsverein ISFBB e.V. begeht sein zwanzigjähriges Vereinsjubiläum

Am Rennweg im Norden Nürnbergs befinden sich die Vereinsräume des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung, kurz ISFBB e.V.. Der Verein blickt auf zwanzig Jahre produktiver Arbeit zurück: Vorträge, Ausstellungen, Zeitzeugengespräche mit Holocaust-Überlebenden, Buchpublikationen und vieles andere wurde auf den Weg gebracht.

Für Projektleiterin Birgit Mair ist die Erinnerungsarbeit an die Opfer des nationalsozialistischen Terrors heute wichtiger denn je. Kein Weg ist ihr zu weit: Im September dieses Jahres reiste sie in die USA, um dort den 100-jährigen Holocaust-Überlebenden Ernest Glaser zu interviewen. Als Ernst Glaser wurde er 1924 in Berlin geboren. Die Familie überlebte durch die Flucht nach Shanghai. Das ISFBB arbeitet derzeit an Publikationen, die seinen Werdegang und sein Überleben als Angehöriger einer jüdischen Familie dokumentieren. Geplant ist unter anderem ein Videobeitrag.

Dass ihr Buch „Die letzten Zeuginnen und Zeugen – Meine Arbeit mit Holocaust-Überlebenden“ eine Familie mit Wurzeln in Nürnberg wieder zusammenbringen könnte, hätte Autorin Birgit Mair sich nicht träumen lassen. Anfang des Jahres erhielt sie eine E-Mail aus Colorado (USA) mit der Frage, ob sie Kontakte zu Nachkommen von Eva Rößner habe, einer mittlerweile verstorbenen Nürnberger Holocaust-Überlebenden, deren Lebensgeschichte im Buch beschrieben wird. Mair stellte unbürokratisch den Kontakt zu den in Mittelfranken lebenden Familienangehörigen her. Im Oktober 2024 war es dann so weit: Die aus den USA, den Niederlanden und aus Sachsen angereisten Verwandten von Eva Rößner wurden von Birgit Mair zum ehemaligen NS-Deportationsbahnhof Märzfeld in Nürnberg-Langwasser begleitet. Vom Bahnhof Märzfeld aus starteten für Vorfahren der Nürnberg-BesucherInnen die Züge in die Vernichtungslager. Die Familienangehörigen waren dankbar für den Lokalaugenschein und freuten sich über die Familienzusammenführung nach so langer Zeit.

Einen neuen Holocaust wird es hoffentlich nie wieder geben. Dass Nazis, Antisemiten und Rassisten nicht ausgestorben sind, zeigt sich jedoch an den Anschlägen und Morden der extrem rechten Szene nach 1945. Der Verein ISFBB gibt auch den Mordopfern und deren Angehörigen eine Stimme: Im Rahmen der bundesweit beachteten Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ werden jene regelmäßig in die Bildungsarbeit eingebunden. Zuletzt organisierte und moderierte Birgit Mair eine Podiumsdiskussion mit Mandy Boulgarides und Mehmet O. in Zwickau. „Bildungsarbeit gegen rechts ist leider notwendiger denn je“, kommentiert Diplom-Sozialwirtin (Univ.) Birgit Mair.

Die 57jährige bereitet schon aktiv die nächsten Projekte vor, zum Beispiel Videofilme mit Interviews von Holocaust-Überlebenden. Weitere Veröffentlichungen auf dem YouTube-Kanal des ISFBB-Vereins sind geplant. Highlights in den kommenden Monaten: Am 28. November 2024 organisiert der Verein ein Zeitzeugengespräch mit dem Holocaust-Überlebenden Ernst Grube im Kulturzentrum Luise in Nürnberg. Am 13. Januar 2025 wird der oben bereits erwähnte Holocaust-Überlebende Ernest Glaser via Online-Zuschaltung von seiner Flucht aus Berlin nach Shanghai berichten und für den 23. Mai 2025 ist eine schulinterne Veranstaltung mit der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, in Nürnberg geplant.

9. April 2022: Birgit Mair erhielt die Karl-Bröger-Medaille

Die Rechtsextremismus-Expertin, Aktivistin und Autorin Birgit Mair erhielt am 9. April 2022 gemeinsam mit dem Straßenfest gegen Rassismus die Karl-Bröger-Medaille verliehen. Gefeiert wurde mit mehr als einhundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Karl-Bröger-Zentrum in Nürnberg. Die Laudatio für Birgit Mair hielt Rüdiger Löster, der Sprecher des Arbeitskreises der SPD gegen Rechts in Nürnberg.
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(Stadtrat Dr. Nasser Ahmed übergibt Birgit Mair die Medaille. Links im Bild die 90-jährige Holocaust-Überlebende Lilo Seibel-Emmerling (Foto: Karl-Bröger-Gesellschaft)

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Birgit Mair mit der Karl-Bröger-Medaille; rechts im Bild Moderator Uli Glaser, Sohn des ehemaligen Kulturreferenten Prof. Dr. Hermann Glaser, der ebenfalls Träger der Karl-Bröger-Medaille ist. Links im Bild Rüdiger Löster, der die Laudatio für Birgit Mair hielt. (Foto: Karl-Bröger-Gesellschaft)

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Stadtrat Dr. Nasser Ahmed und Teile des Publikums. Mehr als einhundert Menschen wohnten der Medaillenverleihung bei. (Foto: Karl-Bröger-Gesellschaft)

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Birgit Mair und Aktive des Straßenfestes gegen Rassismus (Foto: Karl-Bröger-Gesellschaft)

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Birgit Mair bei der Danksagung (Foto: Karl-Bröger-Gesellschaft)

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Berührende Musik von Shabnam Zamani, Shayan Javadi und Eilin Herrmann. Die drei Künster*innen präsentierten traditionelle persische Musik mit Gesang, Tar, Cello, Kamānce und Tonbak (Foto: Karl-Bröger-Gesellschaft)



Programm der Medaillenverleihung
 
Impressum: ISFBB e.V., Rennweg 60, D-90489 Nürnberg
Tel. 0911-54055934, Fax 0911-54055935, info@isfbb.de